Wieso?

Betriebliche Eigenkontrolle ist kein Selbstzweck. Eine objektive Dokumentation und Bewertung der Tierwohlsituation im eigenen Betrieb bietet Landwirten eine sinnvolle Unterstützung ihres Herdenmanagements und hilft bei der Optimierung einer tiergerechten Haltung. Durch eine systematische und regelmäßige Durchführung der betrieblichen Eigenkontrolle wird nicht nur die gesetzliche Pflicht erfüllt, sondern es entsteht ein Mehrwert für Tiere und Betrieb.

Gleichzeitig können Tierhalter die Ergebnisse der Tierwohl-­Eigenkontrolle auch für eine transparente Kommunikation mit der Öffentlichkeit nutzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion rund um das Wohlergehen ihrer Nutztiere leisten.

Weshalb?

Das Wohl seiner Tiere ist die Verantwortung eines jeden Tierhalters. Zusätzlich verpflichtet das Tierschutzgesetz § 11 (8) alle Halter von Nutztieren „durch betriebliche Eigenkontrollen“ und anhand „geeigneter tierbezogener Merkmale (Tierschutzindikatoren)“ zu überprüfen, dass ihre Tiere vor Schmerzen, Schäden und Leiden bewahrt werden. „Tierwohl-Check“ kann Milchviehhalter bei der betrieblichen Eigenkontrolle unterstützen.

Warum?

Messbare, verlässliche und wiederholbare Beurteilungen des Tierwohls anhand geeigneter Indikatoren, machen den komplexen Begriff „Tierwohl“ greifbar und ermöglichen eine sachliche Bewertung – eine faire Lösung für Landwirte und zum Wohl der Tiere.

Was ist Tierwohl-Check?

„Tierwohl-Check“ ist eine App, die in Zusammenarbeit von Landwirten, Beratern und Wissenschaftlern im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) entwickelt wurde.

Diese ermöglicht es, regelmäßig, objektiv und weitgehend automatisiert, die Tierwohlsituation auf den Betrieben darzustellen und dabei bereits vorhandene Daten z.B. aus der Milchkontrolle zu nutzen. Zur Anwendung der App und zur Unterstützung der Landwirte, wird die App durch ein E-Learning und vielfältige Informationsmöglichkeiten begleitet.

Wie lässt sich Tierwohl in der Nutztierhaltung “messen”?

Um Tierwohl „zu messen“ werden verschiedene Indikatoren verwendet; sie lassen sich in tierbezogene sowie ressourcen- und managementbezogene Indikatoren unterscheiden.

  • Direkt am Tier können Indikatoren zum Gesundheitszustand, dem Verhalten oder dem emotionalen Befinden erfasst werden, bspw. Lahmheiten, das Ruheverhalten oder Angst bzw. Schmerzen. Diese tierbezogenen Indikatoren sagen direkt etwas darüber aus, wie es dem Tier geht und ermöglichen somit direkte Rückschlüsse auf die Auswirkungen von Haltung, Fütterung und Management auf das Tierwohl.
  • Ressourcen- und managementbezogene Indikatoren berücksichtigen hingegen Aspekte der Haltungsumwelt (z. B. Platzangebot, Liegeflächengestaltung) und des Managements (z. B. Fütterung) und beschreiben somit die Bedingungen, unter denen die Tiere leben. Sie lassen nur indirekt Rückschlüsse darauf zu, wie es den Tieren tatsächlich geht.

Ob eine Kuh eine Euterentzündung hat oder lahmt, kann jedoch nur direkt am Tier bzw. durch die Auswertung tierbezogener Daten (z. B. Milchleistungskontrolle) festgestellt werden. Wenn wir möchten, dass es unseren Tieren „rundum gut geht“ dann ist es wichtig, ergebnisorientiert zu arbeiten und tierbezogene Indikatoren einzubeziehen. Nur so kann überprüft und sichergestellt werden, dass es unseren Tieren auch tatsächlich gut geht, sie also gesund sind und sich auch tatsächlich wohlfühlen. Wir empfehlen daher tierbezogene Indikatoren zur Beurteilung des Tierwohls.

Wie wurden die Indikatoren ausgewählt?

Die verwendeten Indikatoren wurden in zwei bundesweit durchgeführten und von BMEL & BLE finanzierten Projekten entwickelt und abgestimmt. Im Projekt „Q Check“ (Module 1-4) wurden Indikatoren ausgewählt, welche die Tierwohlsituation eines Betriebes auf der Grundlage vorhandener Daten beschreiben. Hierfür werden die Ergebnisse der Milchkontrolle und der HI-Tier Datenbank genutzt. Im Mittelpunkt des Projektes „EiKoTiGer“ (Module 5-11 sowie 15) hingegen standen v. a. tierbezogene Indikatoren, die ergänzend zu bereits vorliegenden Daten, direkt am Tier zu erheben sind und somit eine umfassende Beurteilung des Tierwohls möglich machen. Beide Indikatorensets wurden klug kombiniert, mit weiteren im Projekt „Tierwohl-Check“ erarbeiteten Indikatoren zum Haltungsumfeld ergänzt und ermöglichen somit die Nutzung bereits vorhandener Daten, ohne den wichtigen Blick auf das Tier selbst zu vernachlässigen.

Woher kommen die erforderlichen Daten?

Um den Erhebungsaufwand für die Indikatoren so gering wie möglich zu halten, nutzt „Tierwohl-Check“ für die betriebliche Eigenkontrolle bereits im Betrieb vorhandene Daten aus der Milchkontrolle und der HI-Tier Datenbank. Ergänzend hierzu sind ausgewählte Daten an den Kühen selbst zu erheben.

Zugriff auf die Daten und Auswertungen der App hat nur der Landwirt selbst, es besteht keine Verpflichtung die Ergebnisse anderen zur Verfügung zu stellen. Wie und zu welchem Zweck er sie nutzt, bleibt die Entscheidung des Landwirts.

Wozu Ergebnisse dokumentieren und auswerten?

Eine tiergerechte Haltung entsteht nicht über Nacht, sondern ist das Ergebnis langfristiger, konsequenter Arbeit. Betriebliche Eigenkontrollen unterstützen dabei, die Tierwohlsituation des eigenen Betriebes immer wieder zu hinterfragen und so kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Erst eine gute Dokumentation der Ergebnisse, macht eine langfristige Betrachtung der Tierwohlsituation möglich und hilft dabei, Schwachstellen aufzudecken.

Woher kommen die Ziel- und Warnwerte?

Der Orientierungsrahmen der den Ziel- und Warnwerte der App zugrunde liegt, wurde ebenfalls in den Projekten „Q Check“ und „EiKoTiGer“ in einem aufwendigen Prozess mit der Expertise aller relevanter Akteursgruppen  erarbeitet und abgestimmt. Anschließend wurden die Werte in Praxiserhebungen auf Milchviehbetrieben getestet und u.a. anhand tausender Betriebsdaten aus der Milchkontrolle auf ihre Praxistauglichkeit überprüft. Die Orientierungswerte bieten daher einen verlässlichen Rahmen, anhand dessen Milchviehhalter ihre eigenen Daten einordnen und vergleichen können.