Lahmheit

Störungen des Gangbildes (Lahmheiten) sind bei Milchkühen überwiegend schmerzbedingt. Aufgrund des häufigen Auftretens werden Lahmheiten daher als eines der wichtigsten Tierschutzprobleme in der Milchviehhaltung angesehen. Lahme Kühe sind nicht nur Schmerzen ausgesetzt, sondern haben auch eingeschränkten Zugang zu Futter und Wasser sowie anderen Ressourcen. In der Folge sind Milchleistung und Fruchtbarkeit bei lahmen Tieren geringer. Lahmheiten gehen bei Milchkühen überwiegend von Klauenerkrankungen oder Infektionen der Haut am Unterfuß aus; zusätzlich können Gelenksveränderungen eine Rolle spielen. Die wichtigsten Risikofaktoren sind der Liegebereich (Überbelegung; harte Liegefläche; unzureichende Abmessungen), die Beschaffenheit der Laufflächen (rutschig, uneben, verschmutzt, feucht), Stoffwechselstörungen aufgrund von Fütterungsfehlern (Pansenübersäuerung und Eiweißüberschuss; Mineralstoffmangel) sowie das Fehlen einer regelmäßigen funktionellen Klauenpflege.

Beurteilung

Bei Laufstallhaltung werden Lahmheiten durch eine Gangbeurteilung erfasst:
Der Gang der Tiere wird auf einem befestigten Untergrund beobachtet. Bei Bedarf wird das Tier sanft angetrieben. Folgende Boniturnoten werden vergeben:

  • Boniturnote 0 – nicht lahm
  • Boniturnote 1 – geringgradig lahm – unregelmäßige Schrittfolge durch Entlastung eines Beines
  • Boniturnote 2 – hochgradig lahm – deutliches Widerstreben, ein Bein zu belasten oder Entlastung von mehr als einem Bein

Boniturnote 0 – nicht lahm:

Boniturnote 1 – geringgradig lahm – unregelmäßige Schrittfolge durch Entlastung eines Beines:

Boniturnote 2 – hochgradig lahm – deutliches Widerstreben, ein Bein zu belasten oder Entlastung von mehr als einem Bein:

Bei Anbindehaltung Erfassung von Lahmheiten im Stand:

Bei Anbindehaltung ohne Auslauf, Weidegang oder Melkstand erfolgt ersatzweise eine Beurteilung von Lahmheitsanzeichen im Stand.  Zunächst wird das stehende Tier beobachtet. Dann wird das Tier sanft ein, zwei Schritte seitlich, sowohl nach links als auch nach rechts getrieben. Dabei ist auf folgende Lahmheitsanzeichen zu achten:

  • wiederholtes Anheben oder Entlasten eines Beines,
  • aufsetzen des vorderen Klauenteils auf die Kante einer Stufe oder Leisten eines Gitterrosts,
  • deutliche Entlastung einer Gliedmaße bei der seitlichen Bewegung im Stand.

Sobald eines der oben genannten Kriterien zutrifft, wird die Boniturnote 1 für lahm vergeben. Trifft keines der Kriterien zu, erhält das Tier die Boniturnote 0.
Zeigt ein Tier bereits ohne seitliche Bewegung deutliche Anzeichen einer Lahmheit, so muss das Tier nicht in Bewegung beurteilt werden. Sind keine Lahmheitsanzeichen am stehenden Tier feststellbar, aber es lässt sich nicht seitwärts treiben, notieren Sie es extra. Diese Kuh wird dann nicht beurteilt und fließt somit nicht in die Berechnung ein.

Boniturnote 0 – keine Lahmheitsanzeichen bei der seitlichen Bewegung erkennbar:

Boniturnote 1 – Lahmheitsanzeichen bei der seitlichen Bewegung:

Boniturnote 1 – Lahmheitsanzeichen am stehenden Tier:

Übungen

Vor der Beurteilung der eigenen Kühe empfehlen wir, das Erlernte zu festigen. Weiterführende Übungen können Sie im Rahmen der Online-Schulung des Projektes EiKoTiGer absolvieren. Anhand von Fotos und Videos lassen sich dort die erworbenen Kenntnisse anschließend auch in einem Online-Test prüfen. Je nach Ergebnis können Sie sich ein Zertifikat ausstellen lassen welches belegt, dass Sie die tierbezogenen Indikatoren nach erfolgreich absolvierter Schulung fachgerecht anwenden können. Die Schulung können Sie kostenlos nach einer Registrierung über den „Login“-Bereich (mit Zertifikaterwerb) oder ohne Registrierung über den „Demo-Login“ (ohne Zertifikaterwerb) nutzen. Hier gelangen Sie direkt zur Schulung des Indikators Lahmheit in Laufstallhaltung und hier zum Indikator Lahmheit in Anbindehaltung.

Berechnung

Bei Laufstallhaltung wird der Anteil lahmer Tiere folgendermaßen berechnet:

Um Probleme möglichst frühzeitig erkennen zu können, sollten die Anteile gering- und hochgradig lahmer Tiere getrennt voneinander notiert werden.

Bei Anbindehaltung wird der Anteil Tiere mit Lahmheitsanzeichen wie folgt berechnet:

Info

Bekannte Risikofaktoren sind u. a.:

  • die Beschaffenheit der Liege- und der Laufflächen
  • das Fehlen einer regelmäßigen Klauenpflege
  • Stoffwechselstörungen durch Fütterungsfehler

Ziel- und Warnwert


Ziel ist es, dass der Anteil klinisch lahmer Kühe bei Laufstallhaltung bei ≤ 5 % bzw. der Anteil hochgradig lahmer Kühe bei 0 % liegt. Liegt der Anteil klinisch lahmer Kühe bei ≥ 10 % bzw. der Anteil hochgradig lahmer Kühe bei ≥ 3 %, sollten Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet werden.

Ziel ist es, dass der Anteil Kühe mit Lahmheitsanzeichen in Anbindehaltung bei ≤ 3 % liegt. Liegt der Anteil bei ≥ 8 %, sollten Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet werden.